14. Ist Krebs heilbar?
Wissenschaftler und Onkologen gehen mit dem Wort „Heilung“ sehr vorsichtig um. „Von einer Heilung kann man erst dann sprechen, wenn das Risiko für einen Rückfall statistisch gesehen sehr unwahrscheinlich ist“, erklärt Dr. Ludwig Lutz, Generalsekretär der Bayerischen Krebsgesellschaft. Der Internist aus München fasst hier zusammen, was statistisch ermittelte Heilungschancen für den einzelnen Krebspatienten aussagen.
In Deutschland leben 1,6 Millionen Krebspatienten, die den Zeitraum von 5 Jahren nach der Diagnose überlebt haben. Diese Zahl ermittelten Statistiker für die Broschüre „Krebs in Deutschland für 2013/2014“.
Eine weitere gute Nachricht: 5 Jahre nach der Diagnose lebt noch mehr als die Hälfte aller Krebspatienten. Weil es nach 5 Jahren recht unwahrscheinlich ist, dass es zu einem Rückfall kommt, kann man bei den meisten dieser Überlebenden mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sie auch tatsächlich geheilt sind.
Doch wer die Diagnose Krebs erst gerade erhalten hat, dem nützt dieses Wissen nicht viel. Denn vorausschauend lässt sich die Frage „Kann ich geheilt werden?“ leider nicht so einfach beantworten.
Ärzte und Wissenschaftler verweisen in solchen Fällen auf die Krebsstatistiken, aus denen die sogenannten Überlebensraten ermittelt werden. Sie lassen sich weltweit für den Zeitraum von 5 bzw. 10 Jahren berechnen – und zwar aufgeschlüsselt nach Krebsart, Geschlecht und Lage der soliden Tumoren. Entsprechende Angaben gibt es auch für Lymphome und Leukämien.
Die Broschüre „Krebs in Deutschland“ gibt die Überlebensraten für 27 verschiedene Krebsarten an. Die Ergebnisse sind in einer Balkengrafik übersichtlich dargestellt und beziehen sich auf die 5 Jahre zwischen 2010 und 2014. Neuere Daten gibt es zurzeit nicht.
Einige Krebsarten sind sehr gut heilbar. Relative 5-Jahres-Überlebensraten von mehr als 90% haben…
- Junge Männer mit Hodenkrebs
- Männer mit Prostatakrebs
- Menschen mit schwarzem Hautkrebs
Mehr als 80% beträgt die relative 5-Jahres-Überlebensrate für…
- Menschen mit Schilddrüsenkrebs
- Menschen mit Morbus Hodgkin
- Frauen mit Brustkrebs
Bei solchen ermutigenden Prozentzahlen bedeutet das für den einzelnen Krebspatienten jedoch keine Garantie, sondern lediglich: Bei diesen Krebsarten ist die Chance, den Krebs zu überleben, sehr groß. Ob jemand zu den 90 bzw. 80 Überlebenden gehört oder nicht, hängt von vielen individuellen Kriterien ab. Fragen Sie dazu Ihren Arzt, der all Ihre Befunde kennt:
- In welchem Stadium wurde der Krebs entdeckt bzw. behandelt?
- Wo befand sich der Tumor? Konnte er komplett entfernt werden?
- Haben sich bereits Metastasen gebildet?
- Wie ist Ihr Allgemeinzustand?
Am unteren Ende der Skala befinden sich diese Krebsarten mit geringen 5-Jahres-Überlebensraten von 10 bis 15%:
- Bauchspeicheldrüsenkrebs
- Leberkrebs
- Lungenkrebs
Aber auch bei den Krebsarten mit niedriger Überlebensrate bleibt für jeden Patienten die Hoffnung, zu den wenigen Menschen zu gehören, die den Krebs innerhalb von 5 Jahren nach der Diagnose überleben. Eine längere Lebenszeit oder eine Heilung sind jedoch sehr unwahrscheinlich.
Wenn der Krebs voranschreitet und Schulmediziner keine Möglichkeiten mehr für eine erfolgreiche Krebsbehandlung sehen, sind einige Patienten besonders anfällig für Versprechungen:
- Dazu gehören Menschen, die sich sagen: „Ich probiere jetzt auch die Alternativmedizin aus. Denn was habe ich noch zu verlieren?“ Kritiker geben in solchen Fällen zu bedenken, dass sich Wunderheiler und Scharlatane genau diese Notlage zunutze machen und ihr Geschäftsmodell darauf aufbauen. In den meisten Fällen helfen ihre Mittel und Methoden jedoch nicht, sondern die Behandlung kostet die Krebspatienten nur unnötig Zeit und Lebenskraft – und auch viel Geld, das möglicherweise für die Palliativmedizin in einem Hospiz viel besser angelegt wäre.
- Zur zweiten Gruppe gehören Krebspatienten, die die Schulmedizin schon immer abgelehnt haben. Sie glauben an die Heilkraft von pflanzlichen und natürlichen Heilmethoden und an die wenigen Fälle einer völligen Heilung. Tatsächlich sind Spontanheilungen – sogar ohne jegliche Behandlung – möglich, das kommt aber nachweislich extrem selten und nur bei wenigen Krebsarten vor.
Kritiker geben zu bedenken, dass selbst ernannte Krebsexperten in den meisten Fällen die Wirksamkeit ihrer Mittel und Methoden nicht lückenlos nach wissenschaftlich anerkannten Methoden nachweisen können. Misstrauisch werden sollten Sie auch, wenn Studien als Quellen angegeben sind, bei denen die Erfolge nur für Labor- oder Tierversuche nachgewiesen werden. Bei solchen pseudowissenschaftlichen Nachweisen fehlen außerdem oft die Hinweise auf die möglichen unangenehmen Nebenwirkungen.
Achten Sie daher bei kommerziellen Angeboten auf Wirksamkeitsnachweise für eine zufällig ausgewählte Anzahl von Menschen, die behandelt wurden, um sie mit einer nicht-behandelten Kontrollgruppe zu vergleichen.
Hier erfahren Sie mehr zu der Frage: „Wie erkenne ich vertrauenswürdige Informationen über Krebs?“
Sie machen sich Sorgen über Ihre Zukunft oder die eines nahen Angehörigen? Dann können Sie sich an unsere psychosozialen Krebsberatungsstellen wenden. Unsere Mitarbeiter sind psychoonkologisch qualifizierte Sozialpädagogen und Psychologen mit zum Teil langjähriger Berufserfahrung. Wir stehen Ihnen mit unserem Wissen und unseren Erfahrungen gern zur Seite. Rufen Sie uns an oder vereinbaren Sie einen persönlichen Beratungstermin. Unsere Adresse finden Sie im Kontakt.
- Zentrum für Krebsregisterdaten des Robert Koch Instituts in Berlin: Krebsatlas 2011-2012 (pdf zum Download, Überlebensraten nach Krebsart: Seite 22)
- Krebsinformationsdienst des Krebsforschungszentrums in Heidelberg: Krebsstatistiken