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Details

Tumor-Fatigue-Sprechstunde der Bayerischen Krebsgesellschaft e.V.: Ergebnisse der Evaluationsstudie

München : Tumor-assoziierte Fatigue (TF) ist ein, die Alltagsfunktionalität und die Lebensqualität beeinträchtigender Zustand von Müdigkeit, Erschöpfung und Energiemangel, der im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung oder ihrer Behandlung steht. Obwohl viele Krebspatienten von TF betroffen sind, ist das Versorgungsangebot trotz Empfehlungen in Leitlinien und vorhandenen evidenzbasierten Therapiemöglichkeiten unzureichend.

Um diese Versorgungslücke zu adressieren hat die Bayerische Krebsgesellschaft (BKG) von 2013 bis 2021 gemeinsam mit dem Institut für Tumor-Fatigue-Forschung (ITFF) durch die sukzessive Implementierung von Tumor-Fatigue-Sprechstunden (TFS)  eine bayernweite Struktur aufgebaut.   Seit 2021 werden die kostenlosen TFS in 10 Psychosozialen Krebsberatungsstellen (KBS) der BKG angeboten, und zwar in Augsburg, Bayreuth, Hof,  Ingolstadt, Kempten, Münch en, Nürnberg, Passau, Regensburg und Würzburg. Konzeption und Weiterentwicklung der TFS basieren auf den jeweils gültigen Fatigue-Leitlinien und berücksichtigt auch die internationale Vorgehensweise der Cancer Fatigue Clinic am MD Anderson Cancer Center (Houston/Texas).

Die TFS wird von (psycho-) onkologisch erfahrenen und TF-geschulten Ärzten durchgeführt. Sie beinhaltet (Differential-)Diagnostik und eine darauf aufbauende individualisierte Beratung zu den jeweils indizierten Behandlungsmöglichkeiten. Ergänzt wird die Sprechstunde durch psychosoziale Beratungsangebote in den KBS sowie spezielle Kurse, die sich an evidenzbasierten Therapiemöglichkeiten orientieren, wie z.B. Yoga, Qigong, körperliche Aktivität. Für Behandlungen von Ursachen und Einflussfaktoren, die nicht zum Beratungsauftrag der BKG gehören, wie z.B. die Behandlung von Komorbiditäten, werden Patienten an zuständige Ärzte verwiesen, denen die BKG Rücksprachemöglichkeit anbietet.

Dank einer Förderung des Bayerischen Ministeriums für Familie, Arbeit und Soziales konnte die TFS im Rahmen einer dreijährigen prospektiven Beobachtungsstudie evaluiert werden (Laufzeit: Juli 2021-Juni 2024). Untersucht wurden infrastrukturelle Merkmale (z.B. Angebot und Inanspruchnahme der TFS, Wartezeiten) und patientenberichtete Endpunkte (z.B. Patientenzufriedenheit, Verbesserungsvorschläge sowie die Umsetzung der empfohlenen Interventionen und dabei aufgetretener Probleme). Die Datenerhebung erfolgte während und unmittelbar nach der TFS (t1) sowie 8-12 Wochen danach (t2).

Die Projektleitung hatten Prof. Dr. med. Günter Schlimok (ehemaliger Präsident der BKG) und Dipl.-Psych. Markus Besseler (Geschäftsführer der BKG). Die fachliche Verantwortung für die TFS lag bei  Dr. Irene Fischer vom Institut für Tumor-Fatigue-Forschung (ITFF) in Emskirchen. Die Studie wurde wissenschaftlich von Prof. Dr. Michael Koller und Dr. Karolina Müller (Zentrum für Klinische Studien am Universitätsklinikum Regensburg) geleitet.

Weitere Projektpartner waren die Deutsche Fatigue Gesellschaft e.V. (Prof. Dr. med. Manfred Heim, PD Dr. med. Jens Ulrich Rüffer, Prof. Dr. phil. Joachim Weis), das Tumorzentrum München (Dr. med. Carola Riedner), das Bayerische Zentrum für Krebsforschung (BZKF) sowie die Arbeitsgruppe Tumor-assoziierte Fatigue in der BKG.

Die Studienergebnisse zeigen, dass die BKG mit der TFS eine relevante Versorgungslücke adressiert hat. Die Inanspruchnahme der TFS während der zweijährigen Rekrutierungsphase (März 2022 bis Februar 2024) war mit 557 Patienten deutlich höher als die erwarteten 400 Patienten. Von diesen 557 Patienten haben 524 (94%) an der Studie teilgenommen.

Die Patienten waren mit der TFS sehr zufrieden. Die zu beiden Messzeitpunkten erfragte Schulnote lag im Durchschnitt bei 1,2 (t1) und  1,4 (t2). Nahezu alle Patienten wünschten sich zu beiden Messzeitpunkten, dass die TFS auch in Zukunft angeboten wird. In der Summe kann dies als Hinweis für die Relevanz und die Akzeptanz der TFS interpretiert werden.

Verbesserungsvorschläge der Patienten betrafen primär strukturelle Rahmenbedingungen (z. B. kürzere Wartezeiten) sowie den Wunsch nach intensiverer Unterstützung bei der Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen zur Milderung der TF.

Die Bereitschaft zur Umsetzung empfohlener Maßnahmen war hoch, nur ein kleiner Teil der Patienten blieb völlig inaktiv. Genannte Barrieren bei der Umsetzung bezogen sich häufig auf externe Versorgungsstrukturen und umfassten Aspekte wie Erreichbarkeit, Verfügbarkeit sowie finanzielle, zeitliche und psychosoziale Belastungen. Diese Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit, Empfehlungen noch stärker an den individuellen Lebensumständen der Patienten auszurichten und praktische Unterstützung bei der Umsetzung zu bieten.

Dieses positive Ergebnis bestärkt die BKG darin, das bestehende Angebot an den zehn Standorten fortzuführen und Betroffenen mit TF weiterhin eine verlässliche und spezialisierte Anlaufstelle zu bieten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die TFS als niedrigschwelliges, kostenfreies Angebot konzipiert ist und die BKG keine umfassende therapeutische Versorgung leisten kann. Eine Ausweitung des Angebots, wie sie in den Rückmeldungen der teilnehmenden Studienpatienten mehrfach angeregt wurde, erfordert daher zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen sowie tragfähige Finanzierungsmodelle.

Perspektivisch stellt unser Konzept einer TFS ein übertragbares Modell dar, dass auch für in anderen Bundesländern Anwendung finden könnte. Als Träger kämen Landeskrebsgesellschaften oder Rehabilitationskliniken infrage.

Die erste Publikation der Studienergebnisse wird im Forum (Heft 4, Erscheinungstermin 01.09.25) erscheinen. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung.

Kontakt:

Dipl.-Psych. Markus Besseler
Bayerische Krebsgesellschaft e.V.
Geschäftsführung
Nymphenburger Str. 21A
80335 München
besseler@bayerische-krebsgesellschaft.de

Dr. phil. Irene Fischer
Institut für Tumor-Fatigue-Forschung (ITFF)
Buchklingen 19
91448 Emskirchen
irene.fischer@fatigue-forschung.de

 

Pressemeldung als PDF

Weitere Infos unter:www.bayerische-krebsgesellschaft.de

Pressekontakt: Cornelia Gilbert M.A., Pressereferentin,
Bayerische Krebsgesellschaft e.V., Nymphenburger Straße 21a, 80335 München
Tel. 089 - 54 88 40 -45, Fax 089 - 54 88 40 -40, E-Mail: gilbert@bayerische-krebsgesellschaft.de
Internet: www.bayerische-krebsgesellschaft.de

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