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Brücken zurück ins Leben Bayerischer Krebspatienten-Preis 2017

Für viele Krebspatienten bedeutet der Abschluss der akuten Behandlungsphase im Krankenhaus oft den Beginn einer langen und schwierigen Reise. Gerade nach der relativ engmaschigen Betreuung in der Klinik und auf der Reha tauchen plötzlich zu Hause Fragen und Probleme auf, mit denen Patienten nicht gerechnet haben. Viele Betroffene fühlen sich oft nur unzureichend auf ihr zukünftiges Leben mit der Erkrankung und ihre Folgen vorbereitet.

Was tun, wenn plötzlich Beschwerden, Schmerzen oder Unwohlsein auftreten? Vor allem, wenn es durch die Erkrankung und die Therapie zu körperlichen Einschränkungen kommt – wie zum Beispiel bei einem künstlichen Darmausgang (Stoma) oder dem Verlust eines Organs – haben betroffene Patienten hohen Aufklärungsbedarf. Dann sind sie nicht nur auf eine gute medizinische Betreuung durch Ärzte und Pflegekräfte angewiesen, sondern auch auf spezialisierte Fachkräfte, die ihnen im Umgang mit der Erkrankung helfen und sie auch in den Bereichen Ernährung, Bewegung und heilungsfördernde Maßnahmen beraten.

Meist sind es aber nicht nur körperliche Beschwerden oder die Unsicherheit im Umgang mit medizinischen Heil- und Hilfsmitteln, die Betroffenen Kopfzerbrechen bereiten. Nach der anstrengenden Erstbehandlung in der Klinik belasten Erkrankte und auch deren Angehörige vor allem seelische Ängste und existenzielle Sorgen und die Frage: „Wie schaffe ich es, mit der Erkrankung zu leben?“ Deshalb ist die psychosoziale Unterstützung durch psychoonkologisch geschulte Berater sehr wichtig, damit Betroffene die Erkrankung und ihre Folgen besser verarbeiten. Aus unserer Beratungsarbeit mit jährlich mehr als 26.000 Beratungen in Bayern wissen wir, dass es gerade beim Übergang vom stationären Klinikaufenthalt in die ambulante Praxis noch großen Handlungs- und Aufklärungsbedarf gibt.

Deshalb haben wir es uns mit dem Bayerischen Krebspatienten-Preis zur Aufgabe gemacht, bereits bestehende Angebote in Bayern zu würdigen, die Krebspatienten bei der Rückkehr in den Alltag unterstützen und eine „Brücke zurück ins Leben“ bauen. Die Angebote sollen nachhaltig dazu beitragen, dass Betroffene die besten Voraussetzungen für ihre Genesung und eine bestmögliche psychosoziale Krankheitsbewältigung haben. Deshalb beurteilte eine fachkundige Jury die eingereichten Projekte nach folgenden Kriterien: Integration ins interne Entlass-und Qualitätsmanagement, Vernetzung mit regionalen Akteuren, Kommunikation mit Patienten, Nachhaltigkeit, einfache Übertragbarkeit und Innovationsgrad. So sollen die prämierten Projekte die onkologische Versorgung an der Schnittstelle stationär-ambulant verbessern, indem sie bereits bestehende psychoonkologische Hilfen und Strukturen, wie z. B. die Krebsberatungsstellen der Bayerischen Krebsgesellschaft e.V. und den ihr angeschlossenen Selbsthilfegruppen in ihre Struktur integrieren.

Am 24. November 2017 war es dann soweit. Im Foyer des Bayerischen Rundfunks zeichneten wir in Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband Bayern und dem VdK Bayern drei Kliniken mit dem Bayerischen Krebspatienten-Preis 2017 aus. Es gab zwei erste Preise, dotiert mit jeweils 2.000 Euro und einen dritten Preis, dotiert mit 1.000 Euro.

Mit dem ersten Preis ausgezeichnet wurde das Projekt „beWEGungEn“, eingereicht durch Ruth Wagner und Carmen Pritzl vom Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg.

Zusammenfassung: Projekt beWEGungEn

Besonders gefallen am Projekt „beWEGungEn“ hat uns der hohe Vernetzungsgrad, kurze Wege und das breite Spektrum der stationären und ambulanten Angebote, die sich an den individuellen Bedürfnissen der Patienten orientieren – sei es der Wunsch nach Entspannung, nach Selbstfürsorge und positivem körperlichen Erleben, nach Austausch mit anderen Betroffenen oder individueller Beratung. Im hauseigenen Psychotherapiesitz am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg können Patienten während ihrer ambulanten onkologischen Therapie psychologisch betreut werden. So hilft das Projekt dabei, lange Wartezeiten zu reduzieren und durch einfache Kommunikation und Nähe die eigene Hemmschwelle zu senken. Patienten können aus verschiedenen Angeboten wählen, wie z. B. die Wohlfühlnachmittage oder Atem-, Musik- und Tanztherapie.

Betroffene haben von der Erstdiagnose über die Behandlung bis weit in die Nachsorge hinein verlässliche Ansprechpartner. Ihre positive, vertraute Bindung ans Haus ist eine gute Ausgangsbasis für den Aufbau eines stützenden ambulanten Netzwerks, das ihnen hilft, besser mit ihrer Erkrankung zu leben. „Als Psychologen kennen wir die Sorgen und Nöte unserer Patienten und ihrer Angehörigen. Wir haben oft erlebt, wie belastend es sein kann, wenn man zwar stationär optimal versorgt, aber ambulant „einfach fallengelassen“ wird (Zitat einer Patientin). Mit unserem hauseigenen Psychotherapiesitz wirken wir diesem Problem entgegen und schlagen genau an dieser Stelle eine Brücke. Wir wollen gemeinsam mit unseren Patienten auf ihrem Krankheitsweg in „beWEGung“ bleiben. Auf dem gesamten Weg - Hand in Hand. Mit unseren Angeboten setzen wir ein klares Zeichen, dass Nähe in jeder Krankheitsphase möglich, wertvoll und heilsam ist“, erklärt Ruth Wagner.

Mit einem weiteren ersten Preis zeichneten wir das Projekt: „Einführung einer onkologischen Pflegesprechstunde für Tumorpatienten“ am Caritas Krankenhaus St. Josef in Regensburg aus. Es wurde eingereicht von Margarete Reiter, der stellvertretenden Direktorin für Pflege- und Patientenmanagement.

Zusammenfassung: Die onkologische Pflegesprechstunde für Tumorpatienten

Das Angebot der Pflegesprechstunde für Krebspatienten hat uns überzeugt, weil es direkt auf bestehende Missstände in der onkologischen Versorgung reagiert und so entscheidend zur Verbesserung des Gesundheitszustandes und zur Erhaltung bzw. Steigerung der Lebensqualität von Tumorpatienten beiträgt.

Das Caritas-Krankenhaus St. Josef in Regensburg führte eine ambulante onkologische Pflegesprechstunde ein, um bestehende Versorgungsdefizite in der ambulanten Ernährungsberatung, in der Stoma-Therapie (künstlicher Darmausgang) und im Umgang mit Therapie-Nebenwirkungen z. B. während einer Chemotherapie zu beheben. Daraus entstand ein pflegegeleitetes Beratungskonzept für alle Patienten mit soliden Tumorerkrankungen zur Verbesserung ihrer Nachsorge.

Gerade die Ernährungsberatung bei Krebs wird von den Krankenkassen nur unzureichend bezuschusst. Deshalb nehmen viele Patienten mit einem geringen Einkommen sie häufig nicht in Anspruch. Das begünstigt Unterernährung und Mangelzustände und verschlechtert die Prognose dieser Patienten. Ebenso sind die Hilfsmittelpauschalen bei Stoma-Trägern stark limitiert. Das kann dazu führen, dass Krebspatienten nach der Anschlussheilbehandlung nicht in der Lage sind, ihr Stoma selbständig zu versorgen. Sie sind oft so verunsichert, so dass sie bis zur Rückverlegung des Stomas jeden Kontakt zur Außenwelt meiden und sehr isoliert leben. Auch im Nebenwirkungsmanagement z. B. während einer begleitenden Radio-/Chemotherapie gibt es große Mängel. So leiden Patienten mit Tumoren des Magen-Darmtraktes häufig nicht nur unter Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, Übelkeit, sondern auch an Erschöpfung, Ängsten oder Depressionen.

Durch die onkologische Pflegesprechstunde mit ihren drei Bausteinen – Ernährungsberatung, Stoma-Therapie und Pflegefachberatung – sowie den beratenden Diensten Psychoonkologie und Sozialdienst können Krebspatienten jederzeit das kostenfreie, niederschwellige Beratungsangebot nutzen. So haben sie einen kontinuierlichen, vertrauensvollen Ansprechpartner für alle Belange im Alltag und erhalten frühzeitig alle erforderlichen Informationen und Empfehlungen zur Ernährung, Gewichtsstabilisierung, Reduktion von Therapienebenwirkungen und bei belastenden psychischen Situationen. „Die Patienten profitieren sehr von der Beratung. Sie hilft ihnen, sich besser auf die Krankheit und die Therapie einzustellen, um im Alltag leichter zurechtzukommen. Durch die Ernährungsberatung können Patienten gastrointestinale Nebenwirkungen reduzieren. In der Stoma-Sprechstunde werden Versorgungsdefizite behoben und Komplikationen rasch behandelt. Patienten, die die onkologische Pflegefachberatung in Anspruch nehmen, können vor allem mit allgemeinen Nebenwirklungen wie dem Hand-Fuß-Syndrom oder chronischer Erschöpfung besser umgehen. Durch den kontinuierlichen, vertrauensvollen Ansprechpartner fühlen sie sich mit ihren Versorgungsbedarfen, Fragen und Anliegen individuell wahrgenommen und können über ihre Ängste, Sorgen und Nöte sprechen, was zu Hause nicht immer möglich ist“, betont Margarete Reiter.

Mit dem dritten Preis zeichneten wir das „Ebersberger Kleeblatt“ – ein psychosoziales Nachsorgeprojekt für Krebspatientinnen an der Kreisklinik Ebersberg. Das Projekt wurde von Dr. Cornelia Caspari vom Brustzentrum eingereicht.

Zusammenfassung: „Das Ebersberger Kleeblatt“

Wir haben dieses Projekt für den dritten Preis ausgewählt, da es den Fokus nicht nur auf die erkrankte Frau legt, sondern das ganze Familiensystem im Blick hat. Gerade bei Brustkrebspatientinnen steht die Rollenfunktion einer Frau bei der Versorgung der Angehörigen im Zentrum der Sorge. Oft leben Kinder bzw. Jugendliche mit im Haushalt, die in ähnlicher Weise von Ängsten betroffen sind. Häufig leiden Patientinnen unter der Vorstellung, ihre Nächsten schützen zu wollen. Das Projekt unterstützt betroffene Frauen und ihre Angehörigen bei der Krankheitsverarbeitung.

Das Brustzentrum an der Kreisklinik Ebersberg bietet mit dem „Ebersberger Kleeblatt“ ein psychosoziales Nachsorgeprojekt für Brustkrebspatientinnen an. Das Projekt beinhaltet neben der Gruppentherapie für Frauen mit Brustkrebs, bestehend aus Gesprächs-, Tanz- und Kunsttherapie mit 12 festen Terminen, eine Familiensprechstunde und Kunstworkshops für Kinder und Jugendlichen aus betroffenen Familie sowie ein Patientenseminar und ambulante Kunsttherapiegruppen.

„Während und gerade nach der meist anstrengenden Krebsbehandlung fallen Patientinnen oft in ein „emotionales Loch“. Aber auch die Angehörigen, vor allem Kinder oder der Partner können betroffen sein. Damit die Familien weiterhin professionell psychosozial unterstützt werden, initiierten wir das Projekt „Das Ebersberger Kleeblatt“ und arbeiten mit niedergelassenen Therapeuten (z.B. Kinderpsychotherapeuten) eng zusammen und haben 2016 das Netzwerk Psychoonkologie Südost ins Leben gerufen, um die Vernetzung in der ländlichen Region (Ebersberg/Rosenheim) zu verbessern“, betont Dr. Cornelia Caspari.

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