Heute – nach mehr als 11 Jahren Beobachtungszeit – ist klar: die Impfung gegen HP-Viren senkt das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. Die derzeit vorliegenden Forschungsergebnisse sprechen dafür, dass eine Impfung gegen HPV auch andere Tumoren im Genitalbereich, am After, am Penis oder im Mund- und Rachenraum reduzieren kann, denn auch sie können durch HPV verursacht werden und betreffen sowohl Frauen als auch Männer.
In Deutschland erkranken jedes Jahr mehr als 6.000 Frauen und rund 1.500 Männer an Krebs, der durch eine Infektion mit HPV verursacht wurde. Wissenschaftler gehen davon aus, dass in Deutschland rund 1,6 Prozent aller Krebserkrankungen durch Hochrisiko-HPV-Typen ausgelöst werden. Eine Impfung gegen HPV könnte einen Großteil dieser Erkrankungen verhindern.
HPV sind weltweit die am häufigsten sexuell übertragbaren Viren. Derzeit sind etwa 170 HP-Viren bekannt, die sich je nach Typ bevorzugt an der Haut und an den Schleimhäuten ansiedeln. Fast jeder Mensch infiziert sich im Laufe seines Lebens damit. HPV lassen sich in Hochrisiko- und Niedrigrisiko-Typen unterteilen. Die Hochrisikotypen steigern das Krebsrisiko, die anderen sind eher für Warzen auf der Haut oder im Genitalbereich verantwortlich. Die meisten HPV-Infektionen verlaufen harmlos. Sie heilen von selbst und ohne Beschwerden wieder aus. Selbst wenn es zu einer dauerhaften HPV-Infektion kommt, bemerken das die meisten nicht. Wenn eine Infektion über einen längeren Zeitraum fortbesteht, kann sich daraus eine Krebsvorstufe oder sogar Krebs entwickeln. Allerdings können von der Infektion bis zur Entstehung von Krebsvorstufen 10-30 Jahre vergehen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft derzeit 12 Hochrisiko-HPV-Typen als sicher krebserregend ein: 16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58 und 59.
In HPV-bedingten bösartigen Tumoren lässt sich mehrheitlich das Hochrisiko-HPV-Gen 16 nachweisen. Unter den Niedrigrisiko-HPV können die Typen 6 und 11 Genitalwarzen auslösen.
HPV wird direkt von Mensch zu Mensch übertragen. Die Viren dringen über kleinste Verletzungen der Haut bzw. der Schleimhäute in den Körper ein. Häufigster Infektionsweg ist vaginaler oder analer Geschlechtsverkehr. Über Oralsex können HP-Viren auch in die Mundhöhle oder den Rachen gelangen. Kondome schützen nicht ausreichend, da HPV schon durch eine Schmierinfektion übertragen werden kann.
Um eine HPV-Infektion zu verhindern, ist es also notwendig, die Impfung vor dem ersten Sex durchzuführen. Deshalb empfiehlt die STIKO die Impfung gegen HPV im Alter von 9 bis 14 Jahren bereits seit 2007 für Mädchen und seit Juni 2018 auch für Jungen. Eine verpasste Immunisierung sollte bis zum Alter von 17 Jahren nachgeholt werden. Die Impfkosten werden von den Krankenkassen übernommen. Selbst junge Erwachsene, die über 18 Jahre alt sind, können im Einzelfall je nach individueller Lebensführung ebenfalls noch von einer HPV-Impfung profitieren. Die Kostenübernahme ist vorab mit der Krankenkasse zu klären.
In Deutschland beträgt die Durchimpfungsrate bei den 15-Jährigen nur etwa 30 Prozent. Das ist im Vergleich zu den skandinavischen Ländern, England oder Australien gering. Australien hat bereits heute Durchimpfungsraten von rund 80 Prozent. Warum ist die Impfrate in Deutschland so niedrig? Was hindert Eltern noch immer daran, ihre Kinder gegen HPV zu impfen? Die größte Herausforderung besteht wohl darin, frühzeitig mit ihren Kindern über Geschlechtsverkehr zu sprechen. Viele wollen sich gar nicht vorstellen, dass ihr Kind bald sexuell aktiv werden könnte und schieben das Thema vor sich her. Wir raten Eltern aber trotz des sensiblen Themas, offen mit ihren Kindern über die Impfung und Geschlechtsverkehr zu sprechen, um ihr Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten.
Eine weitere Hürde ist auch die Angst vor möglichen Nebenwirkungen oder Impfschäden, wie sie Impfgegner immer gerne ins Feld führen. Die STIKO macht vor jeder offiziellen Impf-Empfehlung eine Risiko- und Nutzenbewertung, die darauf abzielt, die gesamte Bevölkerung zu schützen. Dabei prüft sie auch mögliche, über ein normales Maß hinausgehende Impfreaktionen. Beide in Deutschland verfügbaren Impfstoffe gelten als sicher und gut verträglich. Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen entsprechen in der Regel normalen Reaktionen, wie sie auch bei anderen Impfungen auftreten können, wie zum Beispiel Hautreaktionen, Rötungen, Schwellungen oder leichten Schmerzen an der Einstichstelle, Taubheitsgefühle, Muskelschmerzen und Müdigkeit. Seltener sind Übelkeit, Schwindel oder Fieber. Das Paul-Ehrlich-Institut erfasste von 2000 bis 2019 alle gemeldeten Verdachtsfälle von Impfschäden. Das waren rund 43.700, davon zeigten 669 Fälle einen bleibenden Schaden wie Taubheit an der Einstichstelle oder Verletzung von Nerven.
Neben der Impfung gegen HPV ist es für Frauen wichtig, dass sie die Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt wahrnehmen. Gegenwärtig haben etwa 60 Prozent der an Gebärmutterhalskrebs erkrankten Frauen in den letzten fünf Jahren keine Vorsorgeuntersuchung wahrgenommen. Um langfristig die Sterblichkeit an Gebärmutterhalskrebs zu senken, müssen wir vor allem die Teilnahmequoten erhöhen. Frauen schützen sich am besten, wenn sie ab dem 20. Lebensjahr einmal im Jahr zum Frauenarzt gehen, um einen PAP-Abstrich vornehmen zu lassen oder – wenn sie älter als 30 Jahre sind – den HPV-Test. Und natürlich sollten sie immer dann zum Arzt gehen, wenn sie Beschwerden haben. Der Frauenarzt untersucht äußere und innere Geschlechtsorgane und tastet ab dem 30. Lebensjahr die Brust ab.